Sie gehören zu Kuba wie Zigarren, Rum und Salsa-Rhythmen: Amerikanische Straßenkreuzer aus den 40er und 50er Jahren. Knapp 60 Jahre Sozialismus haben die blitzenden Karossen wie in einer Zeitkapsel überlebt.
Funkelnde Ami-Schlitten auf Kubas Straßen
Das US-Embargo und die jahrzehntelange Abschottung Kubas sind der Grund, dass die Straßen Havannas aussehen, wie ein riesiges Freilichtmuseum. Feuerrote Buicks mit Heckflossen rollen neben rosafarbenen Chevrolets und himmelblauen Jeeps durch die Straßen der kubanischen Hauptstadt. Die bonbonfarbenen Karossen sind ein Markenzeichen Kubas und lassen die Herzen aller Oldtimer-Fans höher schlagen. Selbst längst vergessene Raritäten können Autoliebhaber am Straßenrand entdecken. Beispielsweise ein Cabriolet der Marke Edsel. Einst gehörte Edsel zum Autobauer Ford, doch zu Beginn der 60er Jahre wurde die Produktion eingestellt. Bis heute gilt die Marke als einer der größten Flops in der Automobilgeschichte. Ähnlich erging es der Marke DeSoto, die einst zum Chrysler-Konzern gehörte. Einige Modelle aus den 40er und 50er Jahren fahren noch heute auf Kubas Straßen. Die Produktion der Fahrzeuge wurde 1961 eingestellt, da der Absatz in den Jahren 1959 und 1960 dramatisch eingebrochen war.
Rundreise im Oldtimer
Das Beste: In der kubanischen Hauptstadt muss es nicht beim bloßen Hingucken bleiben. In der historischen Altstadt warten Einheimische mit ihren auf Hochglanz polierten Karossen auf zahlungskräftige Kundschaft. Umgerechnet 25 Dollar muss man investieren, um eine Stunde lang mit einem himbeerroten Cadillac oder einem grünen Chevrolet durch die Stadt zu rollen. Selbst Reiseveranstalter haben Rundreisen im amerikanischen Straßenkreuzer im Programm. Manche Touren führen bis in das wildromantische Valle de Viñales, andere beschränken sich auf das Stadtzentrum von Havanna. Für die Einheimischen sind die Fahrten unerschwinglich. Wer sich während der einstündigen Stadtrundfahrt fragt, woher die Klappergeräusche im Kofferraum kommen, erhält als Antwort in der Regel: Vom Werkzeug. Ohne ein Standardsortiment Ersatzteile und Werkzeug zum Auswechseln defekter Teile fährt kein Kubaner von einem Ort zum anderen.
Straßenkreuzer mit Peugeot-Dieselmotor
Wer die blitzenden Ami-Karossen auf Kubas Straßen sieht, vermutet nicht, dass es sich im tieferen Sinne um eine Mogelpackung handelt. Original ist so gut wie nichts an den betagten Fahrzeugen. Längst fahren die meisten Straßenkreuzer mit dem dritten, vierten oder fünften Austauschmotor und der kommt in der Regel nicht von Crysler, Buick oder Ford. Eine staatliche Handelsgesellschaft sammelt ausrangierte Vierzylinderdiesel auf Schrottplätzen weltweit ein und verscherbelt sie zu völlig überzogenen Preisen an die Werkstätten und Hobbybastler auf der Insel. So kann es vorkommen, dass ein 1953er Plymouth mit einem Peugeot-Dieselmotor, einer Gangschaltung von Hyundai und einem Kühler von Daihatsu ausgestattet ist.
Handwerkliches Geschick ist gefragt
Jeder Besitzer eines Oldtimers auf Kuba ist ein passionierter Hobbybastler und selbst im Innenraum sind nur in Ausnahmefällen Originalteile zu finden. Ersatzteile sind teuer und schwer zu bekommen. Wenn die Besitzer sie schließlich bei irgendeinem Händler aufgetrieben haben, legen sie selbst Hand an und bauen die oft schrottreifen Vergaser, Kupplungen und Bremsen selbst ein. Das Werkzeug im Kofferraum ist ein ständiger Begleiter. Wie lange das rollende Auromuseum noch auf Kubas Straßen zu sehen sein wird, ist fraglich. Bis 2014 untersagte das sozialistische Regime seinen Bürgern, ohne staatliche Genehmigung ein neues Auto zu kaufen. Seit der Aufhebung dieses Verbots sind die ersten Pkws chinesischer Bauart auf den Straßen aufgetaucht und alljährlich werden es mehr.